iNUVERSUMM Logo
Home 9 Wissen 9 Lebensräume

Wissenswertes über die verschiedenen Lebensräume unserer Umwelt

Diese Seite bietet Hintergrundinformationen, Fakten und Wissenswertes über die verschiedenen Lebensräume, deren Entstehung und Bedeutung für unsere Umwelt.

Inhalte

$

Wiesen

$

Gehölze

Wiesen

Vor der Sesshaftwerdung des Menschen in unserem Gebiet vor etwa 7.000 Jahren waren gras- und krautreiche lichte Linden-Eichenwälder mit Hasel vorherrschend. Große Tiere wie Wisent, Auerochse, Elch, Wildpferd, Rothirsch und Reh weideten in unseren Breiten und ermöglichten so ein Offenlandmosaik in einer ansonsten mit Bäumen bestandenen Landschaft. Mit der Sesshaftwerdung des Menschen wurden diese Tiere ganz (Auerochse, Wildpferd) oder regional (Wisent, Elch) ausgerottet bzw. stark zurückgedrängt (Rothirsch). An ihre Stelle traten Hausrind und Hauspferd sowie Schafe und Ziegen. Hirten trieben das Vieh entlang von Wegrändern, auf Weiden und im Wald, so dass zunächst ein vielfältiges Landschaftsmosaik bestehen blieb. Erst allmählich bildeten sich neben den Äckern (die nach der Ernte auch beweidet wurden) Standweiden für das Vieh heraus. Damit das Zuchtvieh auch im Winter mit Futter versorgt werden konnte, wurden Wiesen angelegt und gemäht, um Heu zu gewinnen. Dies geschah zunächst mit der Sichel, später mit der Sense und war eine aufwendige körperliche Tätigkeit. Entsprechend konnten pro Tag nur relativ kleine Flächen gemäht werden. Im Zuge der industriellen Revolution setzten sich technische Mähwerke durch, zunächst von Pferden und später von Traktoren angetrieben, das Vieh wurde ganzjährig eingestallt und die bewirtschafteten Flächen wurden größer. Mit dieser Intensivierung geht ein Rückgang der Artenvielfalt im Grünland einher, der bis heute nicht gestoppt ist.

Schmetterlingswiese. © Jennifer Wintergerst

Je nach natürlichen Standortbedingungen und Bewirtschaftungsweise entstanden im Grünland unterschiedliche Pflanzengesellschaften, an welche wiederum ganzjährig zahlreiche Insektenarten gebunden sind. Diese sind daran angepasst, die natürliche Störung durch Beweidung mit einer hohen Nachkommenzahl zu kompensieren. Wird eine Wiese jedoch mit Maschinen gemäht, werden Insekten getötet oder verletzt. Innerhalb sehr kurzer Zeit können große Flächen gemäht und so ganze Insektenpopulationen ausgerottet werden, womit eine spätere Wiederbesiedlung ausbleibt.

Auf vielen Grünflächen in der Stadt und auf dem Land fliegen keine Schmetterlinge, summen keine Wildbienen und zirpen keine Heuschrecken mehr. Dabei werden viele dieser Flächen nicht für Spiel, Sport und Feierlichkeiten genutzt. Sie könnten ein Lebensraum für viele Pflanzen und Insekten sein. Dass dem nicht so ist, liegt allein daran, dass diese Grünflächen zu oft und vollständig gemäht werden. Das geht aber auch anders. Wie, das erfährst Du hier.

Literatur

  • Benecke, M. 1999: Pferdeknochenfunde aus Siedlungen der Bernburger Kultur – ein Beitrag zur Diskussion um die Anfänge der Pferdehaltung in Mitteleuropa. – Beiträge zur Archäozoologie und prähistorischen Anthropologie 2: 107–120.
  • Böhnert, W., U. Kleinknecht, K. Butler, F. Richter, P. A. Schmidt & S. Winter 2020 (2. Aufl.): Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. 636 S.
  • Ellenberg, H. & C. Leuschner 2010 (6. Aufl.): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. – Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart. 1333 S.
  • Hempel, W. 2009: Die Pflanzenwelt Sachsens von der Späteiszeit bis zur Gegenwart. – Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt, Dresden & Weißdorn-Verlag Jena. 248 S.
  • Krasińska, M. & Z. A. Krasiński 2008: Der Wisent. – Die Neue Brehm-Bücherei 74. – Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben. 328 S.
  • Sommer, R. S., N. Benecke, L. Lõugas, O. Nelle & U. Schmölcke 2011: Holocene survival of the wild horse in Europe: a matter of open landscape? – Journal of Quaternary Science 26: 805–812.
  • Sommer, R. S. & F. E. Zachos 2009: Fossil evidence and phylogeography of temperate species: ‘glacial refugia’ and post-glacial recolonization. – Journal of Biogeography 36: 2013–2020.

Gehölze

Seit der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren konnten sich Pflanzen, Tiere und Pilze nach Mitteleuropa ausbreiten, an die hiesigen Bedingungen anpassen und ökologische Beziehungen mit jeweils anderen Arten eingehen. Mit den Gehölzen wanderten auch viele an sie angepasste Insektenarten ein. Allein unter Pflanzenfressern wie Blattkäfern, Prachtkäfern, Rüsselkäfern, Pflanzenwespen, Wanzen, Zikaden, Wildbienen und Schmetterlingen sind mehr als 3.000 Arten (40%) direkt von Gehölzen abhängig, weil sie Nahrungspflanzen für Larve oder erwachsenes Tier sind. Im Gegensatz dazu werden neu eingeschleppte oder eingeführte Gehölze nur von wenigen unspezialisierten Insektenarten genutzt. Einheimische Gehölzarten spielen deshalb eine herausragende Rolle für die Bewahrung der einheimischen Insektenvielfalt.

Abbildung mit Anzahl Insektenarten je Gehölzgattung. Dargestellt sind die 25 Gehölze mit den meisten Insektenarten. In absteigender Reihenfolge nach den meisten Insektenarten: Weide, Eiche, Birke, Kirsche, Pappel, Erle, Weißdorn, Äpfel, Kiefer, Fichte, Hasel, Ahorn, Rose, Brom & Himbeere, Buche, Ulmen, Birne, Mehlbeere, Heidelbeere, Linde, Ginster, Tanne, Hainbuche, Heckenkirche, Esche.
Abbildung: Anzahl Insektenarten je Gehölzgattung. Dargestellt sind die 25 Gehölze mit den meisten Insekten.

Holzige Pflanzen bieten aufgrund ihrer Langlebigkeit als Nahrungspflanze über lange Zeiträume konstante Standortbedingungen. Sie bilden aber auch chemische Abwehrstoffe, die verhindern sollen, dass Teile von ihnen gefressen werden. Deswegen gibt es unter den einheimischen Insekten viele spezialisierte Arten, die mit dieser chemischen Abwehr umgehen können. Sie sind an bestimmte Gehölze angepasst, können aber nicht auf völlig fremde Gehölzarten mit einem gänzlich anderen Chemismus ausweichen.

Bäume

Die Baumkronen bilden ein Netzwerk, welches es Insekten, Vögeln und Kleinsäugern ermöglicht, sich in den Städten auszubreiten. Und selbst wenn Äste oder ganze Bäume absterben, entwickeln sich darin die Larven mancher spezialisierter Totholzkäferarten. Haben diese ihre Entwicklung abgeschlossen legen Wildbienen in deren verlassene Bohrlöcher und Fraßgänge ihre Brutzellen an.

Bäume spielen in Zeiten des Klimawandels eine sehr wichtige Rolle im Siedlungsbereich. Sie filtern Staubpartikel und Schadstoffe aus der Luft, tragen durch Beschattung und Wasserverdunstung dazu bei, hohe Sommertemperaturen zu dämpfen und speichern Kohlendioxid. Zudem sind wir Menschen physisch und mental gesünder, wenn wir in einer Umwelt mit Bäumen leben.

Was Du für Bäume in der Stadt tun kannst, erfährst Du hier

 

Totenkopfschwebfliege Myathropa florea auf Baumrinde. © Jennifer Wintergerst

Hecken

Das etwas altertümlich klingende Wort Einfriedung beschreibt, was unsere Vorfahren schaffen wollten, wenn sie ihre Ländereien gegen die Außenwelt abgrenzten: einen Ort, in dem es friedlich zugehen sollte. Sie nutzten dafür holzige Pflanzen. Diese Grenzstrukturen mögen für Menschen und größere Säugetiere trennend wirken, für kleinere Tiere aber sind sie verbindende Elemente, die sich durch unsere Landschaften und Siedlungen ziehen. Igel, Haselmaus und Siebenschläfer können sich entlang und durch diese Hecken hindurch ausbreiten, zueinanderfinden und vermehren. Die Hecken dienen zudem als Verstecke und die Laubstreu unter den Hecken für manche Arten als Rückzugsort im Winter. Singvögel können in den Hecken brüten, Wildbienen finden im Frühjahr Pollen und Nektar an den Blüten, an den Blättern fressen die Larven von Schmetterlingen, mit denen die Vogeleltern ihre Küken füttern und im Herbst bieten die Früchte Nahrung für die ausgewachsenen Singvögel. Je mehr verschiedene Gehölzarten in einer Hecke wachsen, desto mehr Tierarten können in ihr leben. Weißdorn bietet mit seinen Dornen den Singvögeln beim Brüten Schutz vor Raubfeinden wie Krähen und Katzen. Mit Obstgehölzen wie Marille, Zwetschge, Kornelkirsche, auf Pflaume veredelte Schlehe, Holunder, Traubenkirsche, Elsbeere, Eberesche, Kirschpflaume, Mispel, Speierling sowie Johannis- und Stachelbeere entstehen Naschhecken, die auch uns Menschen erfreuen. Im Frühjahr, zur Blütezeit der Gehölze, ist eine so artenreiche Hecke auch ein Dufterlebnis, in der Wildrosen nicht fehlen dürfen, die im Herbst Hagebutten liefern.

Im Siedlungsraum werden Hecken heute allzu oft als pflegeleichter, lebender Sichtschutz angelegt. Ganz überwiegend werden einreihig Kirschlorbeer, Thuja und Scheinzypressen genutzt, die ursprünglich aus anderen Teilen der Welt stammen und die ökologischen Ansprüche der einheimischen Insektenarten nicht befriedigen. Hecken mit unterschiedlichen Arten einheimischer Gehölze sind hingegen Lebensraum für viele einheimische Tierarten und werden so für uns Menschen auch zu einem Ort für Erlebnisse und Entspannung.

Was bei der Anlage artenreicher Hecken zu beachten ist, findet man hier.

Literatur

  • Müller, G. 2013: Europas Feldeinfriedungen. – Neuer Kunstverlag, Stuttgart.

Gärten

Schmetterling Landkärtchen (Araschnia levana) auf Doldenblütler. © Jennifer Wintergerst

In der Geschichte der Menschheit spielen Gärten eine existenzielle Rolle für unsere Ernährung und unsere Gesundheit. Hier werden Gemüse, Obst, Heil- und Gewürzpflanzen in Kultur genommen. In Phasen zunehmenden Wohlstands gesellen sich Blumen-, Landschafts- und Naturgärten sowie Botanische Gärten hinzu, die alle zu unserem Wohlbefinden beitragen und so für unsere physische und mentale Gesundheit unerlässlich sind. Gärten weisen einen hohen Grad an individueller Gestaltung auf. Die meisten Gärten werden privat genutzt. In Deutschland gibt es 17 Mio. Privatgärten mit einer Gesamtfläche von 680.000 ha, was knapp 2 Prozent der Landesfläche entspricht. In Sachsen umfassen allein die Kleingärten 9.000 ha, hinzu kommen die vielen Hausgärten. Aufgrund ihrer verstreuten Lage im Siedlungsbereich können Gärten ein Lebensraum-Netzwerk für viele einheimische Arten bilden. Bislang aber fehlen in Gärten oft Strukturen, die Artenvielfalt fördern. Gar keinen Lebensraum bieten gepflasterte Höfe, Schottergärten und kurzgeschorene Rasenflächen. Welches Potential Gärten für die Artenvielfalt aufweisen können, zeigt ein Beispiel aus England. Dort hat Jennifer Owen in ihrem 741 m2 großen Garten innerhalb von 30 Jahren (1972 – 2001) 1.997 Insektenarten nachgewiesen. Je nach Artengruppe fand sie in ihrem Garten zwischen 5,6% (Ameisen) und 54,2% (Marienkäfer) der Arten der gesamten britischen Fauna.

Wie Du Insekten im eigenen Garten fördern kannst, erfährst Du hier.

Literatur

  • Owen, J. 2010: Wildlife of a Garden: A Thirty-year Study. Royal Horticultural Society. – 276 S.

„Natur vor der eigenen Haustür – Mach mit!“

Du möchtest Dich aktiv für Insekten engagieren? Registriere Dich, erstelle einen Lebensraum mit verschiedenen Requisiten (Hecke, Bäume, Wiese, Garten, Gewässer, Gebäudebegrünung) und pflege diesen insektengerecht. Für Deinen Lebensraum kannst du einen Blog führen, Fotos hochladen und Insektenfunde melden, so dass jeder die Vielfalt Deines Lebensraums sehen kann. Klick auf den Button und mach mit!