Fassaden- und Dachbegrünung
Begrünte Fassaden und Dächer schützen im Sommer Gebäude durch Beschattung und Verdunstungskälte vor Überhitzung und tragen sowohl zu einem angenehmeren Innenraumklima als auch zu einer niedrigeren Umgebungstemperatur im Siedlungsraum bei. Zudem isolieren begrünte Dächer und mit Efeu bewachsene Fassaden im Winter gegen Kälte.
An begrünten Fassaden wachsen Pflanzen auf engster Grundfläche in die Senkrechte. Hier finden Wildbienen und andere Insekten Nahrung an den Blüten von Waldrebe, Wildem Wein und Efeu. Im Dickicht alter Efeuranken können einige Singvogelarten brüten und im Winterhalbjahr finden ganze Spatzenschwärme Unterschlupf für ihr Nachtquartier.
Lebensraum Gebäudegrün
Wenngleich die Dachbegrünung in luftiger Höhe für Passanten oft nicht einsehbar ist, entwickeln sich hier ungewöhnliche Lebensräume. Auf dem mageren Substrat und bei zeitweise hoher Trockenheit wachsen Pflanzenarten, die an diese extremen Bedingungen angepasst sind. Bei Auswahl geeigneter Pflanzenarten bieten diese Nahrung und Lebensraum für Wildbienen, Wanzen, Schmetterlinge, Heuschrecken, Kurzflügel-, Lauf-, Blatt- und Rüsselkäfer. Auch Springschwänze, Staubläuse und Ameisen besiedeln diese Lebensräume. Selbst Rote-Liste-Arten finden sich auf begrünten Dächern ein. So eignet sich die Große Fetthenne (Hylotelephium maximum) für die Dachbegrünung, an deren Blättern die Larven des Fetthennen-Bläulings (Scolitantides orion) leben.
Je mehr Fassaden und Dächer begrünt werden, desto besser werden zerstreut liegende Lebensräume für die mobilen Tierarten im Siedlungsraum miteinander vernetzt.
Für die grundlegende Anlage von Dach- und Fassadenbegrünung sei hier auf einschlägige Literatur verwiesen (siehe unten Bundesverband Gebäudegrün 2020; Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau 2018 a, b; Köhler 2020).
Fassadenbegrünung
In der einheimischen Flora gibt es nicht viele Pflanzenarten, die sich für eine Fassadenbegrünung eignen, weshalb dafür im Folgenden auch Zierpflanzen und Obstgehölze empfohlen werden. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen bodengebundener und wandgebundener Fassadenbegrünung.
Bei der bodengebundenen Fassadenbegrünung wachsen die Pflanzen im Boden vor dem Gebäude. Dabei kann es sich um selbstklimmende Pflanzen handeln, die sich mit Haftwurzeln am Mauerwerk verankern. Hierzu zählen der einheimische Efeu (Hedera helix) und Zierpflanzen wie Jungfernreben, oft bezeichnet als ‚Wilder Wein‘ (Parthenocissus-Arten). Andere Pflanzenarten benötigen eine Kletterhilfe. Zu ihnen zählt der einheimische Echte Hopfen (Humulus lupulus) sowie unter den Zierpflanzen Kletterrosen (Rosa sp.), Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba), Blauregen (Wisteria), Kletterhortensie (Hydrangea petiolaris), Spalthortensie (Schizophragma hydrangeoides), Geißblatt (Lonicera sp., aber nicht L. henryi) und Schling-Knöterich (Fallopia sp.). Am Spalier lassen sich Edle Weinrebe (Vitis vinifera), Kiwi (Actinidia sp.) und Spalierobst, insbesondere Äpfel und Birnen, ziehen.
Bei der wandgebundenen Fassadenbegrünung wird Substrat in Behältnissen an der Wand angebracht, womit Installation und Pflege, einschließlich Bewässerung, wesentlich zeit- und kostenaufwendiger sind. Allerdings besteht dadurch die Möglichkeit, eine größere Pflanzenartenvielfalt in der Senkrechten unterzubringen, da man sich mit dieser Methode nicht auf Kletter- und Schlingpflanzen beschränken muss. Dies wiederum erhöht das Lebensraumpotential für eine deutlich größere Anzahl von Insektenarten.
Unabhängig davon, ob man selbstklimmende oder schlingende Kletterpflanzen verwendet, muss im Vorfeld geprüft werden, ob die Konstruktion der Fassade für die jeweilige Begrünungsart geeignet ist.
Dachbegrünung
Bei der Dachbegrünung wird zwischen extensiver Dachbegrünung mit verhältnismäßig dünnen Substratstärken bis 15 cm sowie intensiver Dachbegrünung mit mehrschichtigen Substratstärken von 15–25 cm für Stauden oder 25–80 cm für Gehölze unterschieden. Welche Substratstärke verwendet werden kann, hängt vor allem von der Statik der Dachkonstruktion aber auch von dem zur Verfügung stehenden Finanzrahmen ab. Dementsprechend werden meist extensive Dachbegrünungen angelegt.
Für die extensive Dachbegrünung sind einheimische Pflanzen zu empfehlen, die jeweils Lebensgrundlage für mehrere einheimische Insekten bilden. Zu diesen Pflanzenarten zählen Heidenelke (Dianthus deltoides), Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum), Thymian (Thymus sp.), Kleines Habichtskraut (Hieracium pilosella), Frühlingsfingerkraut (Potentilla neumanniana) und Große Fetthenne (Hylotelephium maximum). Zu empfehlen ist die Ausbringung von Saatgutmischungen oder das Einsetzen von zuvor angezogenen Pflanzen, die speziell für eine naturnahe Begrünung von Dächern mit gebietseigenen Wildblumen und Wildgräsern aus gesicherten Herkünften Deutschlands zusammengestellt werden.
Auf den Dächern herrschen harsche Bedingungen. Phasen mit Trockenheit und Hitze führen dazu, dass sich nicht alle ausgebrachten Pflanzen etablieren. Zudem siedelt sich im Laufe der Zeit auch eine Spontanvegetation an, die eine willkommene Ergänzung darstellen kann. Häufig zählen dazu die Süßgräser Echter Schaf-Schwingel (Festuca ovina), Zusammengedrücktes Rispengras (Poa compressa) und Dach-Trespe (Bromus tectorum). Die Dachbegrünung muss regelmäßig kontrolliert und gepflegt werden.
Neben der Vegetation spielt die Strukturvielfalt auf dem Dach eine große Rolle für die Artenvielfalt. Haufen aus Totholz bieten Schatten und Unterschlupf, Substratanhäufungen sowie Kies- oder Sandlinsen Nisthabitate für Wildbienen. Selbst Photovoltaikanlagen tragen zu einer heterogeneren Dachvegetation bei, da sie einen Wechsel aus Licht und Schatten sowie Trockenheit und Feuchte schaffen. Sie können daher in Kombination mit Dachbegrünungen geplant werden.

Literatur
- Bundesverband Gebäudegrün e. V. (BuGG) 2020: BuGG-Fachinformation „Biodiversitätsgründach“ Grundlagen, Planungshilfen, Praxisbeispiele. 29 S.
- Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. 2018 a (3. Aufl.): Fassadenbegrünungsrichtlinien – Richtlinien für die Planung, Bau und Instandhaltung von Fassadenbegrünungen. 168 S.
- Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. 2018 b (6. Aufl.): Dachbegrünungsrichtlinien – Richtlinien für die Planung, Bau und Instandhaltungen von Dachbegrünungen. 150 S.
- Kleinod, B. 2014: Grüne Wände für Haus und Garten. – pala Verlag, 176 S.
- Kleinod, B. & F. Strickler 2018 (2. Aufl.): Naturnahe Dachbegrünung. Kreative Ideen für Garage, Carport, Laube & Co. – pala Verlag, 175 S.
- Köhler M. (Hrsg.) 2022 (2. Aufl.): Handbuch Bauwerksbegrünung. – Rudolf Müller Verlag, Köln. 314 S.
- Schmauck, S. 2019: Dach- und Fassadenbegrünung – neue Lebensräume im Siedlungsbereich. Fakten, Argumente und Empfehlungen. – BfN Skripten 538: 64 S.